Die Wahl des richtigen Point of View – also der Erzählperspektive – ist viel mehr als ein literarisches Detail. Im Geschäftsleben entscheidet sie über Glaubwürdigkeit, Vertrauen und Wirkung. Ich habe in 15 Jahren Beratung immer wieder erlebt, dass die Wahl der falschen Perspektive Projekte ins Leere laufen lässt. Die Realität ist: Ob Sie einen Pitch an Investoren schreiben, eine Unternehmensgeschichte erzählen oder Inhalte für Kunden erstellen – der Point of View beeinflusst, wie Ihre Botschaft aufgenommen wird. In diesem Beitrag gehe ich auf die entscheidenden Fragen ein, welche Perspektive in welcher Situation wirklich funktioniert und welche Fallstricke Sie vermeiden sollten.
Warum der Point of View entscheidend ist
Wenn ich zurückdenke an eine Beratung im Jahr 2018, erinnere ich mich, wie ein Team großartige Ideen hatte, aber ihre Kommunikation im „Wir“-Ton so diffus war, dass am Ende niemand wusste, wer verantwortlich war. Der Point of View bestimmt, ob Sie als glaubwürdig, verantwortlich und kundennah wahrgenommen werden.
Die Wahl zwischen Ich-, Wir- und neutralem Ton verändert die Wirkung radikal. Ein „Ich habe erlebt…“ schafft Nähe und persönliche Verantwortung. Ein „Wir haben erreicht…“ kann Teamgeist betonen, aber zugleich Verantwortlichkeiten verschleiern. Und ein neutraler Point of View vermittelt Objektivität, wirkt aber manchmal distanziert. Entscheidend ist also die Zielgruppe und der Kontext. In Kundenberichten habe ich gesehen, dass „wir“ funktioniert – aber in Krisenkommunikation zählt das „ich“.
Der Ich-Perspektive: Glaubwürdigkeit und Verantwortung
Die Ich-Perspektive ist persönlich, direkt und verbindlich. Ich erinnere mich an ein Projekt in der Finanzbranche, wo ein CEO einen offenen Brief in der Ich-Form verfasst hat. Der Effekt? Mitarbeiter bekamen das Gefühl, direkt mit ihm im Raum zu sein.
In meiner Praxis hat sich gezeigt: Wenn Sie Verantwortung übernehmen oder ein persönliches Learning teilen, wirkt die Ich-Perspektive unschlagbar. Mitarbeiter hören zu, weil sie spüren: Diese Worte kommen von einer echten Person. Auch in Thought-Leadership-Texten funktioniert das – hier wollen Leser erfahren, wie Sie Erfahrungen gemacht haben und welche Schlüsse Sie gezogen haben. Vorsicht jedoch bei inflationärem Gebrauch: Wenn jeder Satz mit „Ich“ beginnt, kippt die Wirkung schnell ins Egozentrische.
Die Wir-Perspektive: Zusammenarbeit und Teamgeist
„Wir“ kann stärken oder schwächen – ich habe beide Seiten erlebt. In einem globalen Projektbericht nutzte das Team konsequent „wir haben entwickelt…“ und die Stakeholder waren begeistert: Man spürte Zusammenarbeit.
Doch ich habe auch erlebt, dass „wir“ missverstanden wurde, weil niemand Verantwortung übernahm. Besonders in Transformationszeiten ist wichtig, das „wir“ präzise einzusetzen. Kundenkommunikation („Wir freuen uns, Ihnen…“) funktioniert hervorragend, weil es Nähe schafft. Doch in Situationen, wo Klarheit über Verantwortlichkeiten gefordert ist, kann „wir“ gefährlich verschwimmen. Die Praxis zeigt, dass Unternehmen mit balanciertem Einsatz erfolgreicher sind – 70% der Belegschaft fühlen sich nachweislich stärker eingebunden, wenn Führung die Wir-Form strategisch nutzt.
Der neutrale Point of View: Objektivität und Distanz
In Reports, wissenschaftlichen Artikeln oder Pressemitteilungen greift oft die neutrale Perspektive. Ich habe in der Beratung erlebt, dass besonders in Investor Relations Fakten nüchtern transportiert werden müssen.
Der Vorteil: Der neutrale Point of View wirkt professionell, sachlich und klar strukturiert. Der Nachteil ist Distanz. Für Mitarbeiterkommunikation ist er selten erfolgreich, da er keine emotionale Bindung aufbaut. Aus meiner Sicht funktioniert er, wenn Zahlen und Analysen im Vordergrund stehen. Doch in allen Kommunikationssituationen, in denen Vertrauen geschaffen werden muss, wirkt diese Perspektive kalt. Die Kernfrage lautet also: Wollen Sie informieren oder inspirieren?
Den richtigen Point of View für Kunden wählen
Bei Markteintritten habe ich beobachtet, dass Unternehmen oft mit der falschen Perspektive starten. Ein Technologie-Startup nutzte permanent „wir“ und sprach kaum über die Erfahrung des Gründers. Das Ergebnis: Die Kunden sahen nur ein anonymes Kollektiv, nicht den visionären Kopf.
Für Kundenakquise gilt: Die Ich- oder Wir-Perspektive sollte klar unterschieden werden. Ich habe Erfolge gesehen, wenn Gründer mit Ich-Aussagen ihre Vision transportierten und in der Folge das „wir“ nutzten, um Teamstärke zu zeigen. Wer den neutralen Ton wählt, läuft Gefahr, sich wie jeder andere Anbieter darzustellen. Übrigens: Laut HubSpot steigen Conversion-Raten um 30%, wenn Unternehmen in ihrer Sprache gezielt Verantwortung übernehmen.
Storytelling und die Macht des Point of View
Ich habe unzählige Pitches begleitet, und eines wurde immer klar: Storytelling ohne den passenden Point of View funktioniert nicht. In einem Case nutzte ein CEO Ich-Form, als er eine Krise schilderte – die Wirkung im Raum war spürbar. Aber sobald er in den Wir-Modus schaltete, wurde es verbindender.
Das zeigt: Storytelling erlaubt Wechsel. Entscheidend ist Timing. Eine persönliche Krise braucht das Ich, ein gemeinsamer Meilenstein das Wir. Vermeiden Sie aber permanente Wechsel ohne klaren Grund – das verwirrt Zuhörer. Der Point of View ist also kein statisches Konstrukt, sondern ein dramaturgisches Werkzeug.
Typische Fehler beim Einsatz von Point of View
Die häufigsten Fehler, die ich gesehen habe:
- Falscher Einsatz – ein CEO schreibt neutral, wo Mut zum Ich gefragt ist.
- Unklarheit – Texte wechseln zwischen Ich und Wir ohne Logik.
- Beliebigkeit – Sprache wird so allgemein, dass keine Verantwortung spürbar ist.
Die Realität ist: Ein falscher Point of View kostet Vertrauen. Kunden und Mitarbeiter spüren sofort, wenn Sprache nicht authentisch ist. In der Praxis hilft es, Texte vor Veröffentlichung kritisch zu prüfen: Passt die Perspektive zum Ziel und Empfänger?
Strategische Empfehlung: Wie Sie den Point of View wählen
Aus meiner Erfahrung gibt es keinen universellen Rat. Aber drei Faktoren sollten Ihre Entscheidung bestimmen: Zielgruppe, Kontext und Ergebnis.
Fragen Sie sich: Wer liest? Angestellte, Kunden, Investoren? Welches Ziel verfolgen Sie – Nähe, Information, Motivation? Und schließlich: Welches Ergebnis brauchen Sie wirklich? Ich habe für Vorstände Checklisten entwickelt, die genau diese Fragen in die Kommunikationsstrategie einbetten. Aus meiner Sicht sind Unternehmen am erfolgreichsten, wenn sie flexibel agieren und Perspektiven situativ einsetzen.
Fazit
Welchen Point of View sollten Sie nun wählen? Die ehrliche Antwort: Den, der zur Situation passt. Ich habe erlebt, dass der richtige Ton den Unterschied macht zwischen Skepsis und Vertrauen, zwischen Distanz und Nähe. Entscheidend ist, bewusst zu wählen und nicht in Routine zu verfallen. Was zählt, ist Authentizität – und die entsteht nur, wenn Point of View und Zielgruppe wirklich zusammenpassen.
FAQs
Welchen Point of View sollte man im Geschäftsbericht nutzen?
Ein neutraler Point of View eignet sich hier besser, da er Professionalität, Faktentreue und Distanz vermittelt, ohne Emotionen zu sehr in den Vordergrund zu stellen.
Sollte ein CEO im Ich oder Wir sprechen?
Das hängt vom Kontext ab. Bei Krisenkommunikation wirkt das Ich überzeugender, während Meilensteine und Erfolge mit dem Wir-Perspektive stärkeres Teamgefühl transportieren.
Wann sollte man die Ich-Perspektive vermeiden?
Wenn es um objektive Zahlen, datengetriebene Entscheidungen oder Pressemitteilungen geht, wäre ein Ich unangebracht und könnte unprofessionell wirken.
Kann man Point of View im Text wechseln?
Ja, wenn es dramaturgisch Sinn macht. Ein Wechsel sollte jedoch geplant und begründet erfolgen, um Leser nicht zu verwirren.
Welche Perspektive wirkt überzeugender für Investoren?
Investoren achten auf Klarheit und Verantwortlichkeit. Hier wirkt die Ich-Form stärker, da sie Führung und persönliche Verantwortung signalisiert.
Welche Perspektive ist in Kundenkommunikation am besten?
Ein Mischung aus Ich und Wir – „Ich habe gesehen…“ für Glaubwürdigkeit, dann „Wir bieten…“ für gemeinsame Stärke.
Was passiert bei falschem Point of View?
Mitarbeiter und Kunden spüren die Inkonsequenz sofort, was zu Vertrauensverlust und Missverständnissen führen kann.
Spielt der Point of View auch in Social Media eine Rolle?
Unbedingt. Auf LinkedIn funktioniert die Ich-Perspektive oft besser, da sie persönliche Nähe und Authentizität schafft.
Gibt es branchenspezifische Unterschiede bei der Perspektive?
Ja. In B2B-Kommunikation spielt der neutrale Ton oft eine größere Rolle, während B2C stärker von Nähe profitiert.
Sollte man in Krisen immer Ich-Form nutzen?
Nicht immer. In heiklen Situationen kann ein Mix sinnvoll sein: Ich für Verantwortung, Wir für gemeinsame Lösungsorientierung.
Wie wirkt die neutrale Perspektive in der Mitarbeiterkommunikation?
Sie baut keine Nähe auf und wirkt distanziert. Für interne Nachrichten ist sie daher selten geeignet.
Warum ist Authentizität beim Point of View so wichtig?
Weil Authentizität Vertrauen schafft. Mitarbeiter und Kunden merken sofort, wenn Sichtweisen unpassend oder aufgesetzt wirken.
Welche Rolle spielt Point of View im Storytelling?
Eine entscheidende. Der richtige Point of View verstärkt emotionale Wirkung und gibt einer Geschichte Glaubwürdigkeit und Struktur.
Wie kann man die richtige Form prüfen?
Fragen Sie: Passt die Perspektive zur Zielgruppe und zum Kommunikationsziel? Ein ehrlicher Check bringt sofort Klarheit.
Sollte eine Marke überhaupt „Ich“ sprechen?
Für Marken selbst ist meist das Wir oder neutral besser. Gründer oder CEOs können aber effektiv im Ich auftreten.
Wie entwickelt man Point-of-View-Strategien langfristig?
Indem man regelmäßig evaluiert, ob Perspektive, Zielgruppe und Unternehmensziele weiterhin übereinstimmen. Flexibilität ist dabei entscheidend.